Kleiner Leitfaden für Neuimker



Der Versuch einer Entscheidungshilfe




Thema Honigernte



Durchschnittlich bringt ein Bienenvolk pro Jahr ohne zu wandern (man spricht in diesem Fall von Standimkerei) etwa 15 bis 30 kg Honig ein.
Der Überlegung, die Bienen auf ihrem Honigvorrat überwintern zu lassen, möchte ich entgegenhalten, daß nicht jeder Honig zum Überwintern geeignet ist. Honig der stark zur Kristallisierung neigt wie etwa Raps oder Frühjahrshonig muß von den Bienen mit Wasser aufgeweicht werden, das sie im Winter nicht zur Verfügung haben. Ein Ausflug um Wasser zu holen bei Temperaturen deutlich unter 12 Grad endet meist tödlich. Andere Honige, wie etwa Waldhonig belastet den Stoffwechsel der Bienen zu stark, so daß die Kotblase sich zu schnell füllt (normalerweise sammelt die Bienen den Kot in der Kotblase über Winter und fliegen erst im Frühjahr aus um „Gassi“ zu machen) und die Bienen entweder versuchen auszufliegen um abzukoten, was wiederum tödlich enden wird so lange die Temperaturen zu kalt sind oder sie koten in der Beute ab, was Krankheiten ausbrechen lassen könnte, die Bienen aber auf jeden Fall schwächt.
Geerntet wird nur reifer Honig, das heißt die Honigwaben sind komplett oder zumindest größtenteils verdeckelt. Unreifer Honig enthält noch zu viel Wasser und es besteht die Gefahr, daß der Honig irgendwann anfängt zu gären.
Ob der Honig der nichtverdeckelten Zellen reif genug ist, kann man einfach mit der Spritzprobe feststellen. Dazu hält man die betroffene Wabe mit einer Wabenseite nach unten über das offene Volk und führt eine ruckartige Bewegung in Richtung Volk aus. Fallen jetzt etliche Tropfen Honig heraus, ist der Honig noch nicht reif genug.
Genauer geht das mit einem Honigrefraktometer.


Die meisten Imkervereine haben Refraktometer, die man als Vereinsmitglied ausleihen kann.
Refraktometer gibt es in unterschiedlichen Ausführungen und Preislagen. Hier gilt wie bei fast allem, billig ist nicht immer gut. Es muß aber auch nicht das teuerste Gerät sein.
Der Meßbereich sollte nicht zu groß sein, idealerweise etwa von 13 bis 25% Wassergehalt. Die Skala sollte so fein geteilt sein, daß problemlos Werte nach dem Komma gut abgelesen werden können. Das Refraktometer sollte eine automatische Temperaturkompensation (wird meist als ATC angegeben) haben, da die Bestimmung des Wassergehaltes eben auch temperaturabhängig ist.
Ich habe mir ein Refraktometer der Firma arcarda für etwa 60 € gekauft und bin äußert zufrieden damit.
Ich kontrolliere auch während dem Schleudern sicherheitshalber immer wieder mal mit dem Refraktometer den Wassergehalt.




Entdeckelungsgeschirr


Um den Honig aus den Waben zu kriegen müssen erst mal die verdeckelten Zellen entdeckelt werden. Dazu dient ein Entdeckelungsgeschirr, das ist ein Halter auf dem die Waben schräg liegen damit man einigermaßen gut daran arbeiten kann. Die Halter sind sind in ein Sieb gesteckt aus dem der Honig aus dem Deckelwachs in eine darunterliegende Wanne tropfen kann. Entdeckelt wird am einfachsten mit einer speziellen Entdeckelungsgabel.


Honigschleuder oder wie kommt der Honig ins Glas?


Die Honigschleuder ist auf der Einkaufsliste einer der dicksten Posten und sollte daher gut überlegt sein. Vielleicht darf man am Anfang ja die Schleuder des Imkerpaten mitbenutzen.
Muß es denn eine Schleuder sein, geht es nicht auch anders? Geht schon, aber …
Waben ausschneiden und mit einer Obstpresse auspressen oder grob zerkleinert, mit einem Stampfer zerdrückt durch ein Seihtuch austropfen lassen. Diese Methoden eignen sich wirklich nur für kleine Mengen Honig.
Gehen wir mal von folgendem Denkansatz aus:
Man sollte mit mindestens zwei Völkern beginnen (sollte ein Volk den Winter nicht überstehen – leider nicht ganz so unwahrscheinlich – steht man nicht bei Null da) und gehen wir mal von einer durchschnittlichen Honigernte von 20 kg pro Volk aus (kann durchaus mehr sein, über die letzten 7 Jahre habe ich eine durchschnittliche Ernte von über 30 kg je Volk und Jahr ohne zu wandern), sind das 20 Rähmchen a 2 kg. Mit steigender Nachfrage – und die kommt mit Sicherheit – wächst meist die Anzahl der Völker. Spätestens jetzt ist eine Schleuder unumgänglich.
Vorneweg, als Material kommt für alle Honig berührte Teile nur Edelstahl in Frage, von allem anderen würde ich die Finger lassen. Lackiertes Metall birgt immer die Gefahr, daß es zu Lackabplatzern führt und sich schließlich Lackpartikel im Honig finden – ein absolutes no go! Und da Honig einen sauren pH-Wert aufweist, ist Edelstahl eben das Material der Wahl.

2, 3, 4 Waben? Radial, Tangential, Motor, Handkurbel?

Der Reihe nach.
Zuerst sollte man wissen, daß die Zellen nicht im rechten Winkel auf der Mittelwand angebracht sind, der Honig würde ja sonst sofort beim Einlagern herauslaufen. Betrachtet man eine durchgeschnittene Wabe von der Seite, so sind die Zellen eher V-förmig angeordnet.
Bei einer Radialschleuder werden die Waben wie die Speichen in einem Rad angeordnet und zwar den Oberträger nach außen, die Zentrifugalkräfte schleudern den Honig heraus an die Schleuderwand. Vorteil: die Waben werden auf beiden Seiten auf einmal ausgeschleudert, es passen mehr Waben in die Schleuder wie bei einer Tangentialschleuder. Nachteil: teurer als eine Tangentialschleuder, unterschiedliche Kräfte an der Wabe, da die Umdrehungsgeschwindigkeit von der Schleuderwand zur Mittelachse hin abnimmt, daher ist bei normalen Waben ein größerer Durchmesser erforderlich damit die Waben in Richtung Mittelachse gut ausgeschleudert werden – und damit auch größerer Platzbedarf.
Bei der Tangentialschleuder sind die Waben mit einer Seite zur Schleuderwand ausgerichtet. Der Unterträger zeigt in Drehrichtung. Nachteil: 3 Schleudervorgänge für die Waben. Erst Seite A langsam anschleudern (sonst droht Wabenbruch durch den Honig der Innenseite), Wabe drehen (Außenseite nach innen), Seite B ausschleudern, Wabe drehen, Seite A ausschleudern.

Handkurbel oder Motor?

Das ist in erster Linie eine Frage der finanziellen Mittel und der persönlichen Einstellung. Geht man von obigem Denkansatz aus und bedenkt das in einem guten Jahr auch mal 40 kg Honig pro Volk und mehr durch Wandern möglich sind und bedenkt das bei einer Tangentialschleuder pro Ladung dreimal geschleudert werden muß, würde ich einen Motor schon empfehlen.

2, 3, 4 Waben?

Schleudern für 2 Waben halte ich für Spielzeug und keine ernstzunehmende Alternative. 3-Wabenschleudern haben den Nachteil, sie müssen immer mit 3 Waben bestückt werden, wegen der Unwucht und ich brauche mehr Schleudervorgänge als bei 4. Eine 4-Wabenschleuder kann auch mit 2 Waben bestückt geschleudert werden, wenn die 2 Waben gegenüber angeordnet sind.



Ich selbst besitze eine 4-Waben Tangentialschleuder mit Motor von CMF. Diese hat den Vorteil, daß sie keine durchgehende Mittelachse hat und ich damit die Waben in der Schleuder drehen kann ohne sie herausnehmen zu müssen und damit weniger Honig verkleckere. Ich bin mit diese Schleuder sehr zufrieden.
Meine Empfehlung wäre also eine 4-Waben Tangentialschleuder mit Motor, sofern die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Wer von Anfang an mit halbhohen Honigwaben plant (beispielsweise Dadant) kann mit einer Radialschleuder eventuell besser fahren.


Honig geschleudert und jetzt?


Der geschleuderte Honig muß jetzt noch gesiebt werden um Wachsteilchen und andere Fremdkörper zu entfernen und später abgeschäumt und gerührt werden.
Ich lassen den Honig aus der Schleuder über ein sogenanntes Doppelsieb in 25 kg Honigeimer laufen. Das Doppelsieb hat ausziehbare Bügel, ist somit für unterschiedliche Eimergrößen anpaßbar und liegt sicher auf dem Eimer. Es besteht aus einem Feinsieb, in das ein Grobsieb eingelegt wird. Beim Sieb verwende ich nur Edelstahl statt Kunststoff, das halte ich für langlebiger.



Die Eimer fülle ich bis auf eine Handbreit, was etwa 20kg entspricht. Das ist vom Gewicht her für mich noch gut handhabbar.
Die Eimer müssen aus lebensmittelechtem Kunststoff sein und haben dicht schließende Deckel, damit der Honig beim Lagern nicht Wasser und Gerüche aus der Luft aufnehmen kann. Ein solcher Eimer kostet mit Deckel knapp 5 €, lieber einen Eimer mehr, als feststellen müssen, daß noch Honig in der Schleuder ist aber kein Eimer mehr zur Verfügung steht. Von leeren Mayonnaiseeimern oder ähnlichem würde ich abraten, da der Honig den Geruch annehmen würde.
Diese 25 kg Eimer passen übrigens gerade so in einen 29-Liter Glühweinautomaten, in dem man den Honig (bei maximal 38°C) im Wasserbad (geschlossener Eimer !!) vorsichtig auftauen kann, wenn er mal schneller durchkristallisiert wie gedacht (Rapshonig).
Ich habe zwei Doppelsiebe, damit ich weiter arbeiten kann, wenn sich das Feinsieb mal zusetzt. Apropos zusetzten: das Sieb nur mit kaltem Wasser reinigen, nicht mit warmem oder gar heißem, weil sonst die Wachspartikel anschmelzen und das feine Gewebe zuschmieren. Honig löst sich sehr gut in kaltem Wasser. Spülmittel ist dabei nicht von Nöten (Geruch !).

Den abgefüllten Honig mit geschlossenem Deckel über Nacht stehen lassen. Kleinste Wachspartikel und Luftbläschen steigen in der Zeit an die Oberfläche und bilden eine leicht schaumige Schicht. Diese schiebt meine Frau vorsichtig mit einem handelsüblichen Teigschaber, am besten ohne Griff, ähnlich einer Plastikkarte, zusammen und hebt sie dann ab. Ich bin dafür irgendwie zu ungeschickt und verkleckere mich ständig mit Honig. Wir sammeln diese Schaumschicht in einer normalen Kunststoffdose mit Deckel, wie sie in jeder Küche vorkommt. Darin trennt sich wiederum der Honig vom Rest, wenn also etwas mehr Honig beim Abschäumen entnommen wird ist das kein Verlust.

Nach dem Abschäumen sollte der Honig gerührt werden um ein grobes Kristallisieren zu vermeiden. Grob kristallisierter Honig fühlt sich auf der Zunge sandig bis körnig an.
Wird der Honig gar nicht gerührt und direkt abgefüllt, bilden sich sehr große Kristalle im Glas die nach unten sinken. In der wässrigen Phase darüber steigt prozentual der Wassergehalt an, da ihr ja Zucker in Form von Kristallen entzogen wird. Das birgt die Gefahr, daß dieser Teil des Honig anfängt zu gähren.
Zum Rühren reicht meist ein einfacher „Auf-Ab-Rührer“, eine Art leicht konisch geformter, mit verschiedenen Löchern versehener Metallteller an einem längeren Stiel mit T-förmigem Griff. Durch die Auf- und Abbewegungen wird der Honig gemischt / gerührt.



Wenn dann die Zahl der Völker und damit die Menge des geernteten und zu rührenden Honigs zunimmt, ist ein Auf-Ab-Rührer schon recht mühsam und zeitraubend. Deswegen habe ich mir 2020 eine Rührmaschine zugelegt.



Es wird solange gerührt, bis der Honig fast seine endgültige Konsistenz erreicht. Das kann, je nach Honig, ein paar Wochen dauern. Der exakte Zeitpunkt läßt sich schwer beschreiben, es gehört etwas Fingerspitzengefühl und etwas Erfahrung dazu.



Die vollen Honigeimer übrigens niemals direkt aufeinander stapeln. Durch das Gewicht des oberen Eimers biegt sich der Deckel des darunterstehenden Eimers durch und schließt nicht mehr dicht, der Honig im unteren Eimer könnte somit Feuchtigkeit aus der Luft und mögliche Gerüche aufnehmen. Zum Stapeln immer ein Brett dazwischen legen, das dann den Druck auf den unteren Deckelrand gibt und damit den unteren Eimer dicht hält.



Sollte der Honig zu fest werden, kann man ihn vorsichtig (!) wieder antauen. Ich verwende dazu einen 29 Liter Glühweinautomaten, fülle etwas Wasser hinein, so daß der Honigeimer mit geschlossenem Deckel (!) fast vollständig im Wasserbad steht. Zwischen Boden des Glühweinautomaten und Honigeimer kommt noch ein Abstangsgitter. Den Honig erwärme ich in 2 bis 3 Stunden auf 35 bis 38°C. Keinesfalls höher als 40°C erwärmen, sonst gehen die wertvollen Enzyme im Honig kaputt.
Danach nochmal ordentlich durchrühren.


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