Bienensterben


Der Begriff Bienensterben hat in den vergangenen Jahren ein immer größeres Interesse in der Bevölkerung ausgelöst, gerade auch durch die, leider nicht immer sehr seriöse, Berichterstattung in den Medien. Es gipfelt in einem vermeintlichen Zitat Einsteins, daß 5 Jahre nach dem Aussterben der Bienen, der Mensch ausstirbt.

Doch was hat es damit auf sich?
Ich finde allein schon den Begriff Bienensterben falsch gewählt, denn Bienen sterben völlig natürlich jeden Tag. Ich möchte das einmal in Zahlen fassen. Es gibt in Deutschland ca. 100.000 Imker, durchschnittlich hat jeder Imker 6 Völker, ergibt etwa 600.000 Bienenvölker. Im späten Frühjahr / frühen Sommer legt eine Königin bis zu 2.000 Eier am Tag, aus denen 21 Tage später junge Bienen schlüpfen. Die Lebenserwartung einer sogenannten Sommerbiene liegt bei 4 bis 6 Wochen, das heißt im Sommer sterben allein in Deutschland etwa 1.200.000.000 Bienen täglich einen völlig natürlichen Tod. Statt von Bienensterben zu reden sollten wir im Zusammenhang mit Honigbienen also lieber den Begriff Bienenvölkersterben oder Völkersterben wählen.

Das Bienenvölkersterben ist bis heute nicht abschließend erforscht. Zwar gibt es reichlich Studien, die sich aber meist nur auf einen oder mehrere Teilaspekte beziehen.
Die meisten Bienenvölker gehen im Spätherbst oder Winter zugrunde. In diesem Zusammenhang spricht man von Winterverlusten. Eine der Hauptursachen dürfte in der Belastung durch die Varroamilbe liegen. Dr. Otten vom Bieneninstitut Mayen konnte durch auswerten der Daten aus den jährlichen Online-Umfragen, an denen inzwischen mehrere tausend Imker deutschlandweit teilnehmen, einen Zusammenhang zwischen dem Blühbeginn im Frühjahr und den Winterverlusten im darauf folgenden Winter feststellen. Das läßt sich durch die Entwicklung der Varroapopulation in den Bienenvölkern begünden. Je früher die Blüte im Frühjahr beginnt, desto höher sind die darauffolgenden Winterverluste. Die Varroamilbe vermehrt sich in der Bienenbrut. Wenn die Bienen also früher, durch die frühe Blüte, mit dem Brüten beginnt, kann sich die Varroa auch früher vermehren und nimmt bis zum Sommer, wenn wir Imker nach der Honigernte gegen die Milbe handeln, stärker zu als in Jahren mit späterem Blühbeginn. Aus den befallenen Bienenmaden schlüpfen geschwächte Bienen, deren Futtersaftdrüsen nicht ausreichend genug entwickelt sind. Der Futtersaft aus diesen Drüsen ist mit dem eingetragenen Pollen die Nahrungsgrundlage für die nachfolgenden Bienenmaden. Werden die nicht ausreichend mit Futter versorgt, wachsen ebenfalls geschwächte Bienen nach.
Jetzt ist die Varroa aber kein neues Problem. In den späten 70er Jahren wurde sie wohl durch Importe der östlichen Honigbiene durch Bieneninstitute mit importiert und wohl versehentlich freigesetzt. Es gibt inzwischen erprobte Behandlungsmethoden, die in jeder Imkerschulung gelehrt werden und auch in den Imkervereinen wird immer wieder dazu geschult. Im langjährigen Mittel ist eine Verlustrate an Winterverlusten in Deutschland von etwa 10 bis 18% als normal zu betrachten. Glaubt man älteren Quellen waren auch vor der Varroa in Deutschland Winterverluste von 10% nicht ungewöhnlich.

2006 kam es in Nordamerika zu einem drastischen Anstieg von Völkerverlusten. Auffällig hierbei war, daß die erwachsenen Bienen fast schlagartig fehlten, nur die Königin mit der Brut und ein paar Jungbienen zurückblieb. Diese Phänomen wird als Colony Collapse Disorder (CCD) bezeichnet. Inwieweit hierbei die Varroamilbe maßgeblich eine Rolle spielt ist bisher unklar. Forscher in den USA haben wohl inzwischen Anhaltspunkte gefunden, daß Viren beteiligt sind, die durch die Varroa übertragen werden und die das Immunsystem der Bienen schwächen und weitere Faktoren wie Mangelernährung, Pestizide oder Pilzinfektionen sich dann tödlich auswirken.
CCD ist nach wie vor in den USA ein großes Problem.
Ich meine mich zu erinnern, daß im Zusammenhang mit CCD erstmals der Begriff Bienensterben in größerem Ausmaß durch die Medien ging.

2008 kam es in Süddeutschland in der Oberrheinebene Baden-Würtenbergs und Teilen von Bayern zu Vergiftungen an etwa 12.000 Bienenvölkern durch Abdrift von Stäuben der Beize von Maiskörnern mit dem Neonicotinoid Clothianidin in blühende Kulturen wie Raps und Obstblüten. Offiziell war die Haftung des Beizmittel an den Maiskörnern mangelhaft und die Sägeräte dafür ungeeignet.
Auch hier ist das Interesse der Medien erwacht und es wurde groß darüber berichtet.

2016 stellte der Entomologische Verein Krefeld seine 2013 veröffentlichte Studie zum Thema Insektensterben dem Umweltausschuss des Deutschen Bundestags vor. 2017 wurden die um weitere Gebiete erweiterten Ergebnisse in Zusammenarbeit mit einem internationalem Wissenschaftlerteam in einer internationalen Fachzeitschrift veröffentlicht. Demnach nahm die Insektenmasse im Zeitraum von 1989 bis 2016 um etwa 75 bis 80% ab.
Ab dem Zeitpunkt wird in den Medien und der öffentlichen Diskussion der Begriff Bienensterben als Synonym für das Insektensterben eingesetzt. Natürlich sind vom Insektensterben die ohnehin in ihrem Bestand bedrohten Wildbienenarten ebenfalls stark betroffen.
Auch die genauen Ursachen des Insektensterbens sind bisher nicht erforscht.

Betrachtet man die voran gegangenen vier Abschnitte, merkt man, daß beim Thema Bienensterben einiges miteinander vermengt wird, was sich nicht direkt miteinander vergleichen läßt. Das erschwert die Diskussion nicht unerheblich.
Ich denke die Ursachen zum Bienen- und Insektensterben sind vielfältig.
Sicherlich spielen Insektizide eine nicht zu unterschätzende Rolle. Aber auch andere Pflanzenschutzmittel wie etwa das Breitbandherbizid Glyphosat stehen inzwischen im Verdacht, negative Auswirkungen zu haben. So haben Biologen an der Universität Austin in Texas nachgewiesen, daß das Unkrautvernichtungsmittel die Darmflora der Honigbienen schädigt.
Ein weiterer Faktor ist die zunehmende Monokultur auf unseren Feldern. Man kann sich täglich von Schnitzel und Pommes ernähren – kann man, ist aber nicht gesund, fragen Sie mal Ihren Hausarzt. Genauso geht es unseren Insekten, wenn großflächig das selbe angebaut wird. Die blühenden Streifen an den Ackerrändern fehlen fast völlig. Die früher üblichen Hecken zwischen den Feldern um dem Windbruch vorzubeugen fehlen fast überall. Vorhandene Biotope liegen wie Inseln in der Agrar- und Siedlungslandschaft, zu weit auseinander, daß ein Austausch der Insekten untereinander stattfinden könnte, der Genpool verarmt. Aber auch im Siedlungsbereich ist nicht alles im grünen Bereich. Der Trend die Flächen um das Eigenheim mit Schotter aufzufüllen, von Garten kann man in diesem Zusammenhang nun wahrlich nicht mehr sprechen, nimmt leider zu. Das ist sicherlich recht pflegeleicht, für Insekten aber eine Wüste. Auch die Mähroboter betrachte ich eher kritisch. Die halten den Rasen vielleicht schön kurz, aber da hat kein Gänseblümchen eine Chance. Aber auch in den Innenstädten werden zunehmend Flächen wie Plätze und Fußgängerzonen pfegeleicht durch Plastersteine versiegelt.
Die Globalisierung trägt auch ihren Teil dazu bei, bestes Beispiel die Varroamilbe und der kleine Beutenkäfer, der aus Afrika stammt und inzwischen Bienenvölker in den USA und Australien parasitiert. Inzwischen ist er auch in Italien gefunden worden. Die asiatische Hornisse breitet sich ebenfalls inzwischen in Deutschland aus.
Größere Auswirkungen durch Klimaveränderungen sind bisher wohl noch nicht eingetreten. Wie gesagt, bisher.


Wir Menschen verhalten uns, als hätten wir einen zweiten Planeten in der Tasche. Haben wir aber nicht. Es gibt weder einen Planet B noch einen Plan B.
Die Natur braucht den Menschen nicht, wir Menschen aber die Natur.